Fotoausstellungen zu zwei Stralsunder Barockbildhauern
Elias Kessler lässt sich ab 1707 in Stralsund nachweisen. Er arbeitete am prächtigen neuen Hauptaltar der St. Nikolai-Kirche nach Entwürfen Andreas Schlüters mit und schuf auch die monumentalen Skulpturen des großen Taufgehäuses in der Kirche, das gegenwärtig restauriert wird. Kesslers Gestalten zeichnen sich durch eine gekonnte Anatomie, expressive Gestik und Mimik und eine barock-bewegte Gewandbehandlung aus. Zu seinen schönsten Werken zählen die Evangelistenfiguren des Lassaner Altars, Mose und Aaron des Altars in Semlow und der oben abgebildete Chronoskopf am Rahmen des Epitaphs des Musikdirektor Henricus Prummenthal (1635-1676) in der Stralsunder Nikolaikirche. Alle diese Werke entstanden in seinem produktiven letzten Schaffensjahrzehnt zwischen 1720 und 1730. Erst 1719 hatte sich Kessler als Bildhauer-Meister in der Stadt am Sund selbständig machen können. Mit Erfolg wehrte er sich gegen Konkurrenten aus dem Tischleramt, die Bildhauergesellen beschäftigten und sicherte sich so das Monopol. Seine Herkunft und Ausbildung liegen bisher im Dunkel. In Erwägung gezogen wurde seine Ausbildung an der Berliner Akademie unter dem berühmten Schlossbaumeister und Hofbildhauer Andreas Schlüter. Viele der Lindenholzskulpturen sind stark von Anobien geschädigt. Einige konnten in den letzten Jahren erfolgreich restauriert werden. Abgeschlossen ist die Restaurierung des Hauptaltars der Stralsunder Nikolaikirche, an dem nachweislich mehrere Bildhauer mitgearbeitet hatten. Weihnachten 2015 kehrte der Groß Mohrdorfer schwebende Taufengel nach der Restaurierung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden wieder in die Kirche zurück. Seit 1945 hatte er zerbrochen in einer Ecke gelegen, einige Teile fehlten und wurden von Stephan Thürmer aus Dresden nachgeschnitzt.
Gegenwärtig wird der sehr stark beschädigte Lüssower (Lüssow ist heute Ortsteil von Gützkow) Pultengel Elias Kesslers restauriert. Bereits in den 1960er Jahren war die grazile Skulptur schwer durch Anobien geschädigt, das Holz zerfressen, die Schulter ausgebrochen, Arme fehlten. Letztlich blieb auch vom Kopf nur ein kleines Fragment des Gesichtes erhalten. Der Engel schien unwiederbringlich verloren. Inzwischen ist die Holzsubstanz wieder gefestigt und die Fassung gereinigt und gesichert. Die Arbeiten übernahm Dipl. Restauratorin Jenny Louise Heymel aus Kreutzmannshagen. Der Greifswalder Holzbildhauer Edvardas Racevicius schnitzte die fehlenden Teile nach. Grundlage waren von ihm modellierte, an den Torso angepasste Modelle. Das Ergebnis ist überwältigend: der Engel ist auferstanden und für die Nachwelt gerettet. Siehe dazu auch den Beitrag im NDR
Jakob Freese (1720-1778) in Groß Mohrdorf
Jakob Freese wurde 1720 in Stralsund geboren. Zwölf Jahre, von 1736 bis 1748, war er auf Wanderschaft, bevor er sich als Bild- und Steinhauer in seiner Vaterstadt niederließ. Zu Freeses ersten großen Aufträgen gehörte die Ausgestaltung des repräsentativen Bibliothekssaales (heutige Aula) der Greifswalder Universität mit Skulpturen. Antike Götter und Musen sind als Hermenpilaster dargestellt, dazu kommen Putti und Vasen auf der Brüstung der Empore. Arbeiten Freeses aus den 1750er Jahren für Greifswalder Kirchen sind nicht erhalten. An den Altarretabeln in Heilgeist Stralsund und in Reinkenhagen arbeitete er mit dem Maler Friedrich Christian Stütze (Stutz) zusammen, der die Altarbilder schuf, während Freese den Skulpturenschmuck schnitzte. Seine Gestalten sind schlank, haben expressive Gesichter und knittrig bewegte Gewänder. Zu seinen prachtvollsten erhaltenen Arbeiten zählt die 1775 datierte Kanzel in der St. Marien Kirche in Bergen auf der Insel Rügen. Auch hier sind gegenwärtig umfassende Restaurierungsmaßnahmen erforderlich. Die Skulpturen waren stark verschmutzt und von Anobien geschädigt.
Der Beichtstuhl der Groß Mohrdorfer Kirche war nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Ecke im Westteil der Kirche abgestellt worden. Die Figuren waren durch Anobien zerfressen und die Fassung gelockert und verschmutzt. An der Hochschule für Bildende Künste Dresden übernahmen Studierende die Konservierung und Reinigung der schwer zerstörten Holzskulpturen des Beichstuhles. Inzwischen ist er wieder im Chor der Kirche aufgestellt und vervollständigt das einmalige Barockensemble der Groß Mohrdorfer Chorausstattung. Auf einigen Bildern der Fotoausstellung kann man den Fortgang der Arbeiten verfolgen, die während der diesjährigen Sommerschule der Dresdner Studenten abgeschlossen werden sollen. Die Rahmen für die Fotos stellte Tino Simon von der Hochschule zur Verfügung. Ermöglicht wurde die Austellung durch den Förderverein der Kirche Groß Mohrdorf
Weitere Arbeiten Jakob Freeses finden sich u.a. in Prohn (Skulpturen eines abgebrochenen Altarretabels, Beichtstuhl), Samtens (Skulpturen des nicht erhaltenen Altarretabels), Poseritz (Kanzel), Gustow (Taufengel). Ein Taufengel aus der Dorfkirche in Waase auf Ummanz, der sich zuletzt in der Sammlung des Stralsunder Museums befand, ist verschollen.
Beide Ausstellungen sind bis September 2017 zu sehen.