30 Jahre Dorfkirchen in Not
Wir begehen in diesem Jahr mit Stolz das 30-jährige Bestehen des Vereins „Dorfkirchen in Not – Verein für die Rettung der Dorfkirchen in Mecklenburg und in Vorpommern e.V.“ Mit diesem hohen Anspruch wurde unser Förderverein am 10. Juni 1994 in Dobbertin gegründet. Es ging um nichts Geringeres, als die „Rettung der bedrohten Dorfkirchen in einer, durch Strukturwandel, Arbeitslosigkeit, Resignation schwer betroffenen deutschen Kulturregion“ – wie es im Gründungsprotokoll heißt. Anwesend waren verdienstvolle Architekten, Denkmalpfleger und Theologen wie Frau Sigrid Patellis Architektin im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Frau Eva-Maria Hetzer, Architektin aus Schwerin, Frau Renate Wilhelm, Theologin von der evangelischen Kirchenleitung in Berlin-Brandenburg, Herr Jens Krause, Pastor aus Mestlin, Herr Dr. Ulrich Palmer, Pastor aus Dobbertin und Herr Pastor Wolfgang Wilhelm aus Berlin, der zugleich erster Vorsitzender des neu gegründeten Fördervereins wurde. Zwei Namen möchte ich dabei besonders herausstellen, Frau Sigrid Patellis und Frau Eva-Maria Hetzer. Frau Patellis nahm Anfang der 1990er Jahre in Mecklenburg eine Bestandsaufnahme vieler gefährdeter Dorfkirchen vor, nachdem sie von einer Pressemitteilung in der Süddeutschen Zeitung alarmiert war, dass 176 Dorfkirchen in Mecklenburg aufgrund ihres desolaten Bauzustandes nicht mehr zu erhalten wären. Durch ihre Initiative konnte z.B. die Dorfkirche Müsselmow (Lkrs. Ludwigslust-Parchim) mit Hilfe einer Spende der Bayerischen ev. Landeskirche und des bayerischen Kultusministeriums eine Sicherung erfahren. Die Architektin Frau Hetzer setzte sich unermüdlich mit ihren Bestandsaufnahmen, Instandsetzungsplanungen und Ausführungen für die gefährdeten Dorfkirchen ein. Unter Ihrer fachlichen Anleitung wurden viele Dorfkirchen, wie z.B. die Kirche in Bibow (NWM) restauriert. Diese Dorfkirche wurde zugleich Heimstatt vieler Vorstandssitzungen unseres Fördervereins. Auf die damalige bedrohliche Situation der Dorfkirchen machte auch Dieter Wieland, Journalist des bayerischen Rundfunks in seinem Film „Mecklenburg-Dorfkirchen in Not“ im Jahre 1995 aufmerksam. Sehr eindrucksvoll mit vielen Bildern und Interviews der damaligen Protagonisten schildert er dort die schwierige bauliche aber auch resignative Situation der Kirchen. Auch an den Verkauf von bedrohten Kirchen wurde damals aufgrund der bestehenden Not gedacht.
Es war Anfang der 1990er Jahre das Problem, dass viele Kirchengemeinden bei der Bewahrung ihrer Gotteshäuser überfordert waren und so ist es auch heute noch oft. Sie verwenden erhebliche Eigenmittel, nehmen Kredite auf und werden von dem mecklenburgischen und dem pommerschen Kirchenkreis baufachlich und finanziell unterstützt. Doch bedürfen sie nach wie vor einer Unterstützung durch Förderungen aus Bund, Land und durch Stiftungen und Fördervereine. Das ist umso wichtiger, angesichts der sinkenden Mitgliederzahlen in den Kirchengemeinden und stetig geringer werdender öffentlicher Fördermittel. Auch heute stellt sich mancherorts leider wieder die Frage: Können wir unsere Kirchen wirklich noch erhalten und auch nutzen? Wie können wir die Mittel für eine Sicherung und Instandsetzung noch aufbringen? Hier ist meines Erachtens die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gefordert. Das betrifft sowohl die Bereitstellung von öffentlichen Förderungen, als auch die Frage gegenwärtiger und zukünftiger gebäudegerechter Nutzungen.
Die Dorfkirchen in Mecklenburg und in Vorpommern als unverzichtbare historische Wahrzeichen unserer Kultur und des christlichen Glaubens zu bewahren und ihrem Verfall entgegenzuwirken – diesem Ziel fühlt sich unser Förderverein seit 30 Jahren verpflichtet. In diesen vergangenen Jahrzehnten konnten wir gemeinsam mit den Kirchengemeinden und Bauverantwortlichen, den Planern und Baufirmen viel erreichen. Bei 208 Dorfkirchen und mit mehr als 2 Millionen Euro Fördermitteln unterstützen wir die Kircheninstandsetzungen bislang. Dass das so möglich ist liegt an den Beiträgen und Spenden, die wir von unseren Mitgliedern und treuen Spendern erhalten. Für diese Zuwendungen sind wir allen, die sie geleistet haben außerordentlich dankbar! In Mecklenburg und in Vorpommern ist heute wohl keine Dorfkirche mehr unmittelbar vom Einsturz bedroht, wie noch im Jahr 2004 in Barkow (Lkrs. Ludwigslust-Parchim) als ein Windstoß das Dach der Kirche mit sich riss und über den Ostgiebel zum Einsturz brachte. Doch gab oder gibt es nach wie vor gefährdete Dorfkirchen, wie z.B. in Klempenow (Lkrs. Mecklenburgische Seenplatte), als die kleine Fachwerkkirche aus dem 17. Jahrhundert sich 2019 bedrohlich neigte und abgestützt und gesichert werden musste. Oder in Weisin (Lkrs. Ludwigslust-Parchim), wo 2018 eine Untersuchung schwere Substanzschäden aufzeigte und der weitere Bestand der Dorfkirche gefährdet war. Auch in der mittelalterlichen Backsteinkirche in Prohn (Lkrs. Vorpommern-Rügen) zeigten sich 2022 Risse im Chorgewölbe, so dass auch hier eine statische Sicherung des gesamten Chores unumgänglich wurde. Alle benannten Kirchen sind inzwischen wieder gesichert und instandgesetzt worden (siehe auch Projektbeiträge). Auch daran beteiligte sich unser Förderverein Dorfkirchen in Not in Mecklenburg und in Vorpommern e.V.
Eine neue Broschüre anläßlich unseres 30jährigen Bestehens soll über das Wirken unseres Vereins berichten. Verschiedene beispielhafte Projekte werden dabei aufgezeigt. Auch die Vorstandsmitglieder kommen zu Wort und schildern ihre Motivation. Wir bedanken uns sehr für die herzlichen Grußworte anläßlich unseres Jubiläums aber besonders für die vielen Sponsoren, die uns diese Publikation erst ermöglichten!
Es grüßt Sie herzlich im Namen des Vorstandes!
Jens Amelung
1. Vorsitzender
Blättern Sie in unserer Jubiläums-Broschüre: