Projekt

Benz auf Usedom

Steckbrief

Der mittelalterliche Feldsteinbau gehört zu den ältesten Kirchen auf der Insel. 1229 nennt das Pommersche Urkundenbuch bereits einen Pfarrer in Benz. Die Umfassungsmauern des Kirchenschiffes in Feldstein entstanden vermutlich am Ausgang des 13. oder im frühen 14. Jahrhundert. Später wurde im Westen der Turm angebaut, dessen Untergeschoss ebenfalls aus Feldsteinmauerwerk besteht. An die enge Bindung an das Amt Pudagla erinnert noch die Grabplatte des 1586 verstorbenen Amtshauptmanns Jacob von Küssow. Nach Verwüstungen in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges waren 1663 umfassende Wiederherstellungsarbeiten notwendig. Aus dieser Zeit stammen vermutlich das jetzige Dachwerk sowie die Rahmung des Westportals. 1740 entstanden neue Turmobergeschosse in Fachwerk mit einer barocken Haube. Eine Glocke von 1814 erinnert an die siegreichen Befreiungskriege gegen Napoleon. Eine  Flachdecke im Innern ersetzte man bei einer Renovierung 1836 durch eine gebrochene Holztonne. Die dekorative Ausmalung der Decke erfolgte 1909 durch den Stettiner Hof-Dekorationsmaler Adolf Dittmer. Die im 19. Jahrhundert baufällig gewordenen Turmobergeschosse wurden 1911 in den alten Formen erneuert. Bei Ausschachtungen für eine Heizungsanlage fand man im Chor während des Zweiten Weltkrieges die Überreste eines Gruftgewölbes. Bei dieser Gelegenheit wurde der bislang mit Dielen ausgelegte Chorraum um einige Stufen erhöht und bekam einen Fußboden aus Spaltklinkern.

In Benz finden in den Sommermonaten zahlreiche kirchenmusikalische Veranstaltungen statt. Die Kirche ist für Besucher täglich geöffnet. In der Feizeitscheune auf dem Pfarrhof kann man auch kostengünstig übernachten.

Chronik

1229

Pfarrer Martinus in Benz genannt (PUB I 208)

1251

Herzog Barnim I. bestätigt der St. Petri-Kirche in Benz alle ihre Rechte (PUB I 415)

1254

verleiht Herzog Barnim I. dem Kloster Usedom das Patronat über die Benzer Kirche

wohl um 1300

Errichtung des Feldsteinbaus

um 1500

Rosenkranzretabel, von dem einzelne Heiligenskulpturen erhalten sind

1586

Grabplatte des Kanzlers, Hofmarschalls und Amtshauptmanns von Pudagla Jacob von Küssow

um Mitte 17. Jh. (1663?)

Errichtung des jetzigen Dachwerkes und Veränderung des Westportals

1740

Bau der Turmobergeschosse in Fachwerk mit barocker Haube

1814

Guss einer neuen Glocke durch die Gebrüder Schwenn, Stettin zur Erinnerung an die Befreiungskriege mit einem Bildnismedaillon König Friedrich Wilhelms III. von Preußen

1836

umfassende Kirchenrenovierung, die Flachdecke wird durch eine gebrochene Holztonne ersetzt.
Pastor Hartmann erwirbt bei einer Verlosung in Berlin eine kostbare mittelalterliche Altartafel eines Kölner Meisters um 1430, Kreuzigung zwischen Heiligen, vermutlich aus der 1836 abgebrochenen Marcellinuskirche in Vallendar bei Koblenz am Rhein

1847

Einbau einer Orgel durch Kaltschmidt, Stettin

1909

Bemalung der Holztonne durch den Königlichen Hof-Dekorationsmaler Adolf Dittmer, Stettin

1911

Erneuerung der baufälligen Turmobergeschosse in den alten Formen, Schenkung eines neuen Altarbildes, Kopie nach van Dyck, als Ersatz für die ans Berliner Kaiser-Friedrich-Museum verkaufte Kölner Altartafel (heute Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Kat.-Nr. 1627 B)

1939-1943

Einbau einer Heizungsanlage, Erhöhung des Chorfußbodens, statt der alten Dielung Spaltklinker, Architekt Raimund Ostermaier, Stettin

1947

die zerstörten Fenster sind notdürftig mit Holz und Pappe geschlossen

1955

Lyonel Feininger (1871-1956), der den Benzer Kirchturm häufiger bei seinen Besuchen auf der Insel in Zeichnungen festgehalten hatte, malt in New York sein letztes Aquarell der Kirche

1998

Datierung der neuen Glocke, gegossen in Göttingen

2013

Beginn der Sanierung, Entwicklung einer denkmalpflegerischen Zielstellung

2014

Dank finanzieller Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz kann der marode Turmhelm saniert und neu mit Schiefer eingedeckt werden

2016

Dachsanierung

2017

ab September geplanter 1. Teilabschnitt der Restaurierung der Deckenmalerei im Chor

Bauzustand und Schadensbild

Die aufwändige Sanierung des Aussenmauerwerks und des Turmes sind abgeschlossen. 2016 wurde das Dach mit Biberschwänzen neu eingedeckt. Die mit Sternen und Rosetten bemalte Holztonne im Innern weist starke Wasserschäden auf und muss dringend saniert werden.

Das Obergeschoß des Kirchturms wurde 1911 in den Formen des Vorgängers von 1740 erneuert
Benz, Chorsüdseite während der Sanierung 2016
Benz, zugesetztes Nordportal mit romanischem Rundbogen
Benz, Südportal mit leicht gespitztem Bogen
Benz, inneres Westportal
Benz, Westportal, 2. H. 17. Jh.
Benz, Inneres nach Osten
die Holztonne wurde 1909 von dem Stettiner Hof-Dekorationsmaler Adolf Dittmer neu bemalt. In den gemalten Kassetten sind stilisierte Sterne und Rosetten dargestellt.
Benz, Deckenmalerei Adolf Dittmer, Stettin 1909, Kassetten mit Kränzen und Sternen
Wasserflecken an der Deckenmalerei von 1909
Benz, Schadensbild an der Deckenmalerei von 1909, Nordseite des Triumphbogens
Blick in das Dachwerk über dem Kirchenschiff nach Ost. Die Kehlbalken und Andreaskreuz sind an die Sparren angeblattet, die Sparrenspitzen gezapft. Das Dachwerk entstand vermutlich Mitte des 17. Jahrhunderts, eine dendrochronologische Untersuchung ist vorgesehen.
Der Westgiebel des Kirchenschiffs vom Dach aus gesehen (Ostseite). Eine Zwillingsblende mit darüber liegender Kreisblende wurde auf der Nordseite später für einen Dachzugang vom Turm her durchbrochen.
Beweinung Christi nach van Dyck, Kopie von R. Böhnke 1910. Die Benzer Gemeinde erhielt das Gemälde nach Verkauf einer wertvollen mittelalterlichen Altartafel an das Berliner Kaiser-Friedrich-Museum 1909 (heute Gemäldegalerie Staatliche Museen zu Berlin, Kölner Meister um 1430, Kat.-Nr. 1627 B). Die 6000 Mark für das alte Altarbild, dass der Pastor 1836 in Berlin bei einer Verlosung gewonnen hatte, wurden in einem "Altarbildfond" angelegt.
Benz, Glocke von 1814 zur Erinnerung an die Befreiungskriege, gegossen durch die Gebrüder Schwenn, Stettin
Benz, Glocke von 1814 zur Erinnerung an die Befreiungskriege, geschmückt mit dem Bildnismedaillon des Königs Friedrich Wilhelms III. (1770-1840) und Eisernen Kreuzen
Benz, Pfarrarchiv, einer von drei Turmentwürfen aus den Bauakten von 1739
Turmentwurf von 1739 in den Akten des Pfarrarchivs